Gruppenfoto mit Fritz Fessler (links), Bettina Fuhrmann (Mitte), Christina Buczko (rechts)

Gestaltungsmacht durch Wissen

Gestaltungsmacht durch Wissen

Wer mehr weiß, kann besser partizipieren – diesem Motto war die Auftakt-Veranstaltung der neu eröffneten Akademie für Gemeinwohl gewidmet. Das neue Bildungsinstitut steht für Finanzbildung abseits von Wachstumsideologie und Gewinnmaximierung. Wie gehe ich mit Geld um und wie beeinflusst Geld mein tägliches Verhalten? Wie funktioniert unser Finanzsystem? Welche Rolle spielen die Zentralbanken, was bedeutet Vollgeld und wieso können Banken Buchgeld schöpfen? Diesen und weiteren Themen wird sich die Akademie in Zukunft widmen und gleichzeitig Wegweiser zu einem gemeinwohl-orientierten, demokratischen Finanzsystem sein. „Das Geld ist unser Geld“, so Christina Buczko im Rahmen ihrer Eröffnungsrede, „wir alle können und sollen uns einbringen und mitgestalten.“

 

Erschreckender Wissensmangel rund ums Geld

Dafür braucht es Kenntnisse der ökonomischen Zusammenhänge und hier liegt der Knackpunkt, wie Keynote Speaker Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik der WU Wien, erläuterte. Sie stellte den Mangel an Finanzbildung anhand von Zahlen und Fakten dar. Eine im Jahre 2014 in 30 Ländern durchgeführte OECD-Studie offenbart vielfältige Wissenslücken zu wirtschaftlichen und geldbezogenen Themen. Dabei wurde anhand eines Fragebogens Wissen zu Finanzen abgefragt.

 

Wenig Ahnung von Zinseszins und Inflation

Selbst grundlegende wirtschaftliche Begriffe wie Inflation, Zinseszins, Risikostreuung oder die Auswirkungen von Wechselkurs-Schwankungen werden von vielen Menschen nicht verstanden: In Österreich können nur 67% können richtig berechnen, was aus 100 EUR bei 2% Zinsen nach fünf Jahren wird. Nur 65% der Befragten verstehen, was Inflation bedeutet und nur 21% der Befragten wissen, dass die Anleihepreise üblicherweise sinken, wenn die Zinsen steigen – im internationalen Wissensvergleich hat Österreich dabei immer noch recht gut abgeschnitten.

Daher plädiert Bettina Fuhrmann für Finanzbildung bereits in der Schule. “Finanzbildung sollte in eine umfassende Wirtschaftsbildung eingebettet sein – keine Einzelinitiative, sondern ein durchgehendes Bildungsprogramm. Und sie sollte ihre Intentionen offenlegen, also nicht Werbung für Produkte veranstalten“, so Fuhrmanns Appell.

 

Genossenschaft für mehr Verteilungsgerechtigkeit

Fritz Fessler, Vorstand der Genossenschaft für Gemeinwohl, erläuterte die Ziele der Gründung einer Bank für Gemeinwohl: “Wir sind angetreten, um eine Ausrichtung des Geld- und Finanzwesens am Gemeinwohl zu erreichen.“ Als Finanzdienstleister werde man zeigen, dass ein anderer Umgang mit Geld möglich ist und eine Bank auch ohne Spekulationsgewinne wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

 

Gemeinwohlkonto ab 2018

Ab 2018 wird es das erste Gemeinwohl-Konto Österreichs für den täglichen Zahlungsverkehr von Geschäfts- und Privatkund*innen geben. Hier erfährt man genau, was mit dem anvertrauten Geld geschieht. Kontoführungs-Gebühren werden nach aktuellen Planungen 8 EUR monatlich betragen. „Die Menschen sind heute bereit, mehr für Ökostrom zu bezahlen, weil es ihnen wichtig ist, wie der Strom erzeugt wird. Das transparente Gemeinwohl-Konto gibt dem Geld Sinn und Sicherheit, da es zu 100% frei von Spekulation ist.“

 

Crowdfunding-Plattform für Geld mit Sinn

Ein weiterer Meilenstein: Seit kurzem ist die Genossenschaft mit Österreichs erster Gemeinwohl-Crowdfunding-Plattform am Start. „Hier können Klein- und Großinvestor*innen Unternehmungen finanzieren, die vorher eine Gemeinwohl-Prüfung nach unseren hohen Standards durchlaufen haben. So erhält Geld mehr Sinn und tut Gutes“, schließt Fessler.

 

Foto: Genossenschaft für Gemeinwohl