Mann mit Lupe

Bild: CC0 Creative Commons

EU-Wahl 2024: Umfrage bei den Parteien zu ihren Positionen in Geld- und Finanzpolitik

 

Wir, die Genossenschaft für Gemeinwohl, setzen uns für ein Geld- und Finanzsystem ein, das den Menschen und damit dem Gemeinwohl dient. Dafür bräuchte es einige Änderungen in der Geld- und Finanzpolitik. Nachdem die Weichen dafür großteils auf europäischer und internationaler Ebene gestellt werden müssen, haben wir uns anlässlich der bevorstehenden EU-Wahl angesehen, welche geld-, finanz- und fiskalpolitischen Positionen und Forderungen die wahlwerbenden Parteien [1] vertreten und sie dazu auch befragt [2].

 

  • Insgesamt zeigt sich anhand der vorliegenden Wahlprogramme [3], dass einerseits Geld- und Finanzpolitik wie bereits in den Jahren zuvor auch bei der EU-Wahl 2024 eher Randthemen [4] sind. So werden kaum Vorschläge für weitreichende Reformen präsentiert. Die beiden Themen Finanzmarktregulierung und Steuersystem werden von den meisten Parteien gemeinsam behandelt.

 

  • Allgemein eine stärkere Regulierung von Finanzmärkten fordert die SPÖ – leider ohne genauere Erläuterungen. Die Grünen stehen Größenbegrenzungen von Banken oder auch einem Trennbankensystem offen gegenüber. Sie fordern insgesamt eine verbesserte Aufsicht im Rahmen der Kapitalmarkt- und Bankenunion. Auf mehr Aufsicht für einen verbesserten Schutz von Kund:innen setzt auch die FPÖ. In Teilbereichen erklären sich auch die NEOS offen für bestimmte Vorschläge, etwa einer „differenzierten“ Regulierung für kleine und große Banken. Sie sprechen sich jedoch klar gegen gesetzliche Größenbegrenzung privater Geschäftsbanken sowie gegen die Einführung eines Trennbankensystems aus. Die KPÖ wiederum fordert als einzige Partei eine grundlegend strukturelle Maßnahme, nämlich die Überführung von Banken und Versicherungen in die öffentliche Hand.

 

  • Steuerliche Maßnahmen, wie eine Besteuerung von Übergewinnen von Banken, werden von SPÖ und – für den Fall, dass Regulierung nicht ausreicht – FPÖ befürwortet. Grundsätzlich spricht sich die FPÖ jedoch gegen neue Steuern aus. Demgegenüber unterstreichen die Grünen in ihrem Programm allgemein die positiven Funktionen von Steuern als Lenkungs- und Finanzierungsinstrument. NEOS sind tendenziell gegen neue Steuern sowie auch gegen Steuererhöhungen für Unternehmen.

 

  • Für mehr Steuergerechtigkeit, z.B. durch Steuern auf Finanztransaktionen, Zufallsgewinne und hohe Privatvermögen verspricht sich die SPÖ in Europa einzusetzen. Eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene findet weiters die Zustimmung von KPÖ und Grünen sowie, im Fall einer weltweiten Umsetzung, auch von den NEOS. 

 

  • Als einzige der wahlwerbenden Parteien tritt die KPÖ für eine Ausweitung des Mandats und damit der Zuständigkeiten der Europäischen Zentralbank (EZB) ein. Konkret fordert sie eine Finanzierung öffentlicher Infrastrukturen durch die EZB sowie zugleich niedrige Zinsen für Investitionen, die Emissionen reduzieren und Arbeitsplätze schaffen, und hohe Zinsen für jene, die Arbeitsplätze reduzieren, die Umwelt schädigen oder für Spekulation eingesetzt werden. Ebenso fordert die KPÖ das Aufgabenspektrum der EZB – ähnlich wie bei der US-amerikanischen Zentralbank FED– um Beschäftigungsziele zu erweitern. Die NEOS wiederum fordern die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds, der die Stabilität des Euro sichern und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ablösen soll.

 

  • Der Erhalt und die Sicherung von Bargeld findet bei der Liste DNA, FPÖ und bei der ÖVP explizit Erwähnung. Letztere fordert dazu: „Keine Einschränkungen der Souveränität der Mitgliedstaaten bei der Bargeldverteilung sowie der Bargeldannahme.“ Die Liste DNA fordert zudem ein Ende von Bargeld-Obergrenzen.

 

  • Auffällig ist, dass der geplante Digitale Euro in keinem Wahlprogramm Erwähnung findet. Gegen die Einführung eines Digitalen Euro sprechen sich die Liste DNA und KPÖ aus. Letztere mit dem Argument, dieser brächte keinen zusätzlichen Nutzen für die Menschen. GRÜNE und NEOS stehen dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, wobei NEOS unterstreicht, dass es beim konkreten Nutzen für die Bürger:innen wie auch beim Datenschutz noch viele offene Fragen gibt. Auch ein anderes aktuelles Thema, der Umgang mit Kryptowährungen, findet nur im Wahlpropgramm der GRÜNEN Erwähnung. Sie fordern mehr Kontrolle und eine Besteuerung.

 

  • Wirtschaftspolitisch setzen die meisten Parteien nach wie vor auf eine Kombination von grüner Wirtschaft und Digitalisierung sowie Wettbewerb und Wachstum. „Es sind sämtliche Regulierungen darauf zu überprüfen, ob sie nicht zu stark in die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit eingreifen.“ (ÖVP) „Wir unterstützen einen fairen Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen mit klaren Regeln für staatliche Beihilfen und einem neuen Ansatz für die Wettbewerbspolitik, der den europäischen Unternehmen weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen verschafft.“ (SPÖ) „Um grüne Produktion zu ermöglichen, braucht es eine gemeinsame Europäische Industriepolitik, die den Unternehmen rasch Zugang zu Förderungen verschafft und das Beihilferecht den Anforderungen des internationalen Wettbewerbs anpasst.“ (GRÜNE)

 

Eingangs fassen wir die wichtigsten Passagen aus den Wahlprogrammen sowie die Antworten von FPÖ, Grünen, NEOS und KPÖ auf unsere ergänzenden Fragen zusammen. Liste DNA, ÖVP und SPÖ haben unsere Fragen leider nicht beantwortet. Bei allen anderen Parteien bedanken uns für die erhaltenen Antworten und hoffen, damit für unsere Mitglieder und Leser*innen einen Beitrag für eine gut informierte Wahlentscheidung zu leisten!

 

 

 

[1] Mit Ausnahme der Liste DNA, von der wir leider kein Wahlprogramm fanden bzw. erhielten.

[2] FPÖ, DIE GRÜNEN, KPÖ und NEOS haben unsere Fragen dankenswerterweise beantwortet. Leider keine Antworten erhielten wir von der Liste DNA, der SPÖ und der ÖVP.

[3] PES 2024: Unser Europa. Sozial, demokratisch, nachhaltig; Die Volkspartei 2024: Europa. Aber besser. EU-Wahlprogramm; KPÖ 2024: Wohnen statt Kanonen. Programm zur EU-Wahl 2024; FPÖ 2024: Vorhang auf für unser Österreich. Frei. Sicher. Neutral; Die Grünen 2024: Weil uns die Zukunft Europas am Herzen liegt. EU-Wahlprogramm; NEOS 2024: Unser Weg in die Vereinigten Staaten von Europa. EU-Wahlprogramm 2024; Bei der Liste DNA hielten wir uns an die auf ihrer Website veröffentlichen Informationen zur EU-Wahl.

[4] Ein Schwerpunkt der einzelnen Wahlprogramme liegt im heurigen Jahr bei Fragen der Sicherheit. Diese wird, je nach Partei, unterschiedlich interpretiert – von sozialer Sicherheit und Arbeitsplätzen (SPÖ), über Eindämmung von Migration und Schutz vor Kriminalität (ÖVP), Abwenden der Klimakrise und sozial-ökologische Transformation (Grüne), stärkere und handlungsfähige Institutionen inkl. militärischer Verteidigung (NEOS), aktive Friedenspolitik und staatliche Kontrolle über öffentliche Güter und Infrastrukturen (KPÖ).